Pressemitteilung vom 08.02.2010 - Geschäftsbericht für das Arbeitsgericht Mannheim 2009 - Eingangsbelastung um ca. 15% gestiegen

Datum: 08.02.2010

Kurzbeschreibung: 

Das Arbeitsgericht Mannheim, erste Instanz in Arbeitssachen, hat Außenkammern in Heidelberg und hält Gerichtstage in Mosbach ab, da es auch für den Rhein-Neckar- und den Odenwald-Kreis zuständig ist.

Die Eingangsbelastung des Arbeitsgerichts Mannheim erhöhte sich im Jahr 2009 gegenüber dem Vorjahr um ca. 15%. Im Jahr 2009 gingen beim Arbeitsgericht Mannheim insgesamt 6.921 neue Verfahren ein. Die überwiegende Mehrzahl betraf so genannte Urteilsverfahren, bei denen es sich vorwiegend um Kündigungsschutz- und Zahlungsklagen handelt. Daneben befasste sich das Arbeitsgericht unter anderem auch mit Beschlussverfahren (dies sind in der Regel Streitigkeiten zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber). Mehr als 2/3 aller Verfahren endeten im Jahr 2009 mit einem Vergleich. Dies bedeutet für die betroffenen Prozessparteien, dass diese wünschenswerter Weise zu einem frühen Zeitpunkt Rechtssicherheit und Rechtsklarheit erlangt haben.

Das Arbeitsgericht Mannheim bestand im Jahre 2009 aus 15 Kammern, von denen elf am Stammsitz in Mannheim und vier bei den Außenkammern in Heidelberg eingerichtet sind. Von den 15 Kammern waren im Jahr 2009 nur elf durchgehend, und zwar fünf mit einer Richterin (davon zwei in Teilzeit) und sechs mit einem Richter besetzt.

Eine Kammer war, nachdem deren Vorsitzende in den Ruhestand gegangen war, vom 01.05. bis zum 14.12.2009 vakant und wurde erst zum 15.12.2009 wieder besetzt.

Ab 31.12.2009 sind seit langem wieder alle 15 Kammern des Arbeitsgerichts besetzt, davon allerdings fünf mit (nur) in Teilzeit tätigen Kolleginnen.


Für den Bereich der Kündigungsschutzverfahren aus dem Jahr 2009 erscheint unter anderem der „Kinderreisebett“-Fall erwähnenswert. Ein bei einer privaten Mannheimer Gesellschaft für Abfallentsorgung beschäftigter Arbeitnehmer hatte Anfang Dezember 2008 aus einem Container, dessen Inhalt für das Zuführband zur Presse bestimmt war, ein Kinderreisebett entnommen und dies vor den Augen seiner Kollegen in seinen PKW verladen. Das Unternehmen sah darin einen Diebstahl von Firmeneigentum und kündigte fristlos. Die erkennende Kammer hielt die Kündigung für unwirksam, da sie sie für unverhältnismäßig erachtete. Die Kammer begründete ihre Entscheidung zum einen damit, dass das Kinderreisebett für die Firma keinen Wert mehr hatte, zum anderen bestand zum damaligen Zeitpunkt bei dem beklagten Unternehmen die Praxis, dass mit der erforderlichen Erlaubnis der Geschäftsleitung vergleichbare Gegenstände mitgenommen werden durften.

Der Fall reiht sich damit in eine zunehmende Anzahl von Kündigungsschutzstreitigkeiten wegen „Bagatelldelikten“ ein, die zuletzt bundesweit für Aufsehen sorgten.

Im Sommer 2009 wehrte sich ein Hoffenheimer Fußball-Profi gegen eine fristlose Kündigung des Vereins. Zwar hatte der Mannschaftsarzt des Vereins zunächst „grünes Licht“ für die Verpflichtung des Spielers gegeben, doch war ein anderer Mediziner anlässlich einer erneuten Untersuchung zu dem Ergebnis gekommen, dass der Fußballprofi sportuntauglich sei, woraufhin der Verein das Arbeitsverhältnis fristlos kündigte. Hoffenheim hat zwischenzeitlich die Unwirksamkeit dieser Kündigung anerkannt, nachdem zuvor ein „neutraler“ Gutachter zu dem Ergebnis gekommen war, dass der Spieler wieder sporttauglich werden könne.

Mit dem aktuellen Personalbestand von 12,5 Richterstellen dürften die Verfahrenseingänge zu bewältigen sein. Allerdings werden sich die Voraussetzungen bald wieder ändern: Eine Kollegin wird ab April 2010 in Mutterschutz gehen, ein weiterer Richter kurz darauf in die Passivphase der Altersteilzeit übertreten, sodass erneut zwei Kammern unbesetzt sein werden. Gleichzeitig gehen zuverlässige Prognosen von einem Anstieg der Eingangszahlen für das Jahr 2010 aus. Denn bislang konnte mit dem Institut der Kurzarbeit das „Schlimmste“ für den Arbeitsmarkt und für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen verhindert werden. Insbesondere die „größeren“ Arbeitgeber im Bezirk des Arbeitsgerichts Mannheim haben häufig die Möglichkeit der Kurzarbeit genutzt, somit Entlassungen in größerem Umfang vermeiden können.

Es ist deshalb leider nicht zu erwarten, dass mit diesem Richterbestand im laufenden Jahr die angestrebten Eingangszahlen pro Richter erreicht werden können. Es handelt sich dabei um einen Richtwert, der eine qualitativ gute und zeitnahe Bearbeitung der Verfahren gewährleisten soll. Er beträgt 500 bis 600 Verfahren pro (Vollzeit-)Richterstelle.

Es wäre aber äußerst wünschenswert und erforderlich, die vorgenannte Belastung des einzelnen Richters nicht zu überschreiten, um einen zügigen Rechtschutz zu gewähren. Dieser ist im Arbeitsrecht sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber von herausragender, oftmals gar existentieller Bedeutung. Eine möglichst zeitnahe Sachbearbeitung und eine dadurch zu erzielende schnelle Rechtssicherheit stellen positive Arbeitsmarktpolitik dar und stärken auf diese Weise den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg.


Maali-Faggin
Pressesprecherin des Arbeitsgerichts

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