Kündigungen der Insolvenzverwalter der Schlecker-Firmen unwirksam

Datum: 24.07.2012

Kurzbeschreibung: 

Das Arbeitsgericht Stuttgart hat in drei Urteilen vom 24. Juli 2012 die betriebsbedingten Kündigungen durch die Insolvenzverwalter über das Vermögen der Firma Anton Schlecker und der Firma Anton Schlecker XL GmbH vom 28. März 2012 für unwirksam befunden. Die Entscheidung wurde jeweils darauf gestützt, dass der beklagte Insolvenzverwalter keine hinreichende Auskunft über die Sozialauswahl erteilt hat.

Soll ein Teil der Arbeitnehmer aus betriebsbedingten Gründen gekündigt werden, während der übrige Teil der Arbeitnehmer weiterbeschäftigt werden soll, wie dies zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigungen für die Insolvenzschuldnerin geplant war, hat die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter gemäß § 1 Abs. 3 KSchG nach sozialen Gesichtspunkten zu erfolgen (Sozialauswahl). Im Kündigungsschutzprozess ist der Insolvenzverwalter auf Verlangen des Arbeitnehmers gemäß § 1 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 KSchG verpflichtet, die Gründe mitzuteilen, die zu der getroffenen Sozialauswahl geführt haben (Auskunftspflicht). Zwar ist die Sozialauswahl gemäß § 125 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 2 InsO von den Gerichten für Arbeitssachen nur auf grobe Fehlerhaftigkeit zu überprüfen, wenn zwischen dem Insolvenzverwalter und der zuständigen Arbeitnehmervertretung ein wirksamer Interessenausgleich mit Namensliste zustande gekommen ist, in der die zu kündigen Arbeitnehmer namentlich benannt sind. Die Auskunftspflicht gilt aber auch in solch einem Falle uneingeschränkt. Kommt der Insolvenzverwalter dieser nicht oder nicht hinreichend nach, ist die streitige Kündigung ohne Weiteres als sozialwidrig anzusehen.

In den drei entschiedenen Fällen hat der jeweils beklagte Insolvenzverwalter seiner Auskunftspflicht über die vorgenommene Sozialauswahl nicht genügt. In einem der Fälle wurden - trotz gerichtlichen Hinweises - keinerlei Anlagen vorgelegt, obgleich der Schriftsatz hinsichtlich der Sozialauswahl hierauf verweist, so dass in diesem Fall der Auskunftspflicht offenkundig nicht Genüge getan wurde. In den beiden anderen Fällen fehlte es an einer hinreichenden Darlegung, welche Vergleichsgruppen bei der Sozialauswahl gebildet wurden und wie sich diese voneinander abgrenzen lassen, wie das behauptete Ziel der Schaffung einer ausgewogenen Personal-/Altersstruktur die Sozialauswahl beeinflusst hat und welche betrieblichen Interessen den Insolvenzverwalter zur Ausklammerung an sich vergleichbarer Arbeitnehmer aus der Sozialauswahl veranlasst haben. Insbesondere wurde nicht erläutert, wieso mit den beiden Klägerinnen vergleichbare Mitarbeiterinnen, die nach dem angewandten Punkteschema deutlich weniger sozial schutzwürdig als die Klägerin sind, nicht zur Kündigung anstanden und stattdessen der Klägerin gekündigt wurde.

Gegen die Entscheidungen ist das Rechtsmittel der Berufung zum Landesarbeitsgericht gegeben (Az. 16 Ca 2416/12, 16 Ca 2422/12 und 16 Ca 3035/12).

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