Geschäfts- und Medienbericht des Arbeitsgerichts Mannheim für das Jahr 2018

Datum: 14.02.2019

Das Arbeitsgericht Mannheim übt die Gerichtsbarkeit erster Instanz in Arbeitssachen für die Stadtkreise Mannheim und Heidelberg sowie die Landkreise Rhein-Neckar-Kreis und Neckar-Odenwald-Kreis aus.
Der Sitz des Arbeitsgerichts befindet sich in Mannheim.
Beim Arbeitsgericht sind insgesamt 15 Kammern eingerichtet. Hiervon haben vier Außenkammern ihren Sitz in Heidelberg.
Am Stammgericht in Mannheim befinden sich 11 Kammern. Zwei dieser Kammern halten zukünftig Gerichtstage in Mosbach ab und nehmen gleichzeitig an der rollierenden Verteilung in Mannheim teil.

Geschäftsentwicklung

Auch im Jahr 2018 blieben die Klageeingänge bei den Kammern Mannheim und den Kammern Heidelberg in etwa auf dem Niveau der letzten neun Jahre. Es gingen 4.748 Verfahren, davon 184 Mahnverfahren, ein. Auch 2018 gelang es, die Verfahren zügig zu bearbeiten und den Bestand der Verfahren auf nahezu gleich niedrigem Niveau zu halten.

Auf die Kammern Mannheim inklusive der Kammer, die für den Gerichtstag in Mosbach zuständig war, entfielen von den Klageeingängen 3.457 Verfahren.
Diese setzen sich aus 3.167 Urteilsverfahren, 162 Beschlussverfahren und 128 Mahnverfahren zusammen. Bei den Urteilsverfahren handelt es sich überwiegend um Klagen von Arbeitnehmern gegen Arbeitgeber, häufig nach zuvor erfolgten Kündigungen. Bei den Beschlussverfahren geht es in der Regel um Streitigkeiten zwischen dem Betriebsrat und dem Arbeitgeber.

Zu Beginn des Jahres 2018 waren bei den Kammern Mannheim 891 Altverfahren anhängig. Die Bestandszahlen der Kammern Mannheim sanken leicht auf 865 Verfahren.

Auf die Kammern in Heidelberg entfielen bei einem Grundbestand von 374 Altverfahren 1.291 neue Verfahren. Hierbei handelte es sich um 1.190 Urteils- und 45 Beschlussverfahren sowie 56 Mahnverfahren. Die Bestandszahlen bei den Kammern Heidelberg sanken ebenfalls leicht auf 334 Verfahren.

Mit einer Quote von 69,98 % mündeten im Jahr 2018 mehr als zwei Drittel aller Verfahren spätestens im Termin zur mündlichen Verhandlung in einen Vergleich. Dadurch erlangten die Prozessparteien zu einem frühen Zeitpunkt die notwendige Rechtssicherheit und Rechtsklarheit.

Besetzung und Belastung

Im zurückliegenden Jahr (4. Quartal 2017 sowie die ersten drei Quartale 2018) hatte das Arbeitsgericht Mannheim einen Pebb§y-Deckungsgrad von 101%. Dieser liegt unter dem Durchschnitt der Arbeitsgerichte in Baden-Württemberg, der 109% betrug.

Personaländerungen hielten sich im Gegensatz zu den Vorjahren in Grenzen. Im Jahresdurchschnitt betrug der Besetzungsgrad des Arbeitsgerichts Mannheim – bedingt durch die Elternzeit einer Richterin – 9,56 AKA. Aktuell beträgt der Personalbestand 10,17 AKA bei 14 Richterinnen und Richtern.
Bei gleichbleibenden Eingängen wäre das Arbeitsgericht Mannheim damit aktuell ausreichend besetzt.

Um auch weiterhin eine qualitativ gute und zeitnahe Sachbearbeitung der Verfahren gewährleisten und erreichen zu können, wäre, um auch zunehmende Eingangszahlen sowie Eingangsschwankungen bewältigen zu können, die Besetzung aller 15 Kammern mit einem Richtervolumen von ca. 11 bis 12 AKA wünschenswert. Dann kann auch weiterhin zügiger Rechtsschutz, der im Arbeitsrecht sowohl für Arbeitnehmer als auch für Arbeitgeber von herausragender, oftmals von existenzieller Bedeutung ist, gewährleistet werden.
Eine möglichst zeitnahe Sachbearbeitung und dadurch zu erzielende schnelle Rechtssicherheit stellen positive Arbeitsmarktpolitik dar und stärken auf diese Weise die Wirtschaft des Landes Baden-Württemberg.

Güterichterverfahren

Seit der flächendeckenden Einführung des Güterichterverfahrens bei den Arbeitsgerichten in Baden-Württemberg am 01.01.2015 hat sich das Güterichterverfahren beim Arbeitsgericht Mannheim sehr gut etabliert. Derzeit sind beim Arbeitsgericht zwei Richterinnen und zwei Richter als Güterichterinnen und Güterichter tätig. Das Verfahren ist fester Bestandteil der gerichtlichen Tätigkeit. Hierbei ist es möglich, in freier Verfahrensgestaltung unter Anwendung aller Methoden der Konfliktbeilegung, insbesondere auch der Mediation, eine Einigung zwischen den streitenden Parteien herbeizuführen.
Scheitert die Einigung, wird das Verfahren vor dem/der zuständigen Prozessrichter/ Prozessrichterin fortgeführt.
Das Güterichterverfahren hat sich seit seiner Einführung beim Arbeitsgericht Mannheim in vielen Fällen bewährt und erfreulicherweise sehr oft zu einer dauerhaften Streitbefriedung der Parteien geführt.

e-Justice und elektronische Akte

Die Justiz in Baden-Württemberg führt zurzeit die elektronische Akte ein. Beim Arbeitsgericht Stuttgart läuft seit Mai 2016 ein Pilotprojekt der Arbeitsgerichtsbarkeit zur Einführung der elektronischen Gerichtsakte. Damit sollen die Justiz zukunftsfähig erhalten und die Vorteile der „digitalen Welt“ genutzt werden.

Die Arbeitsgerichtsbarkeit in Baden-Württemberg wird als erste Gerichtsbarkeit die elektronische Akte flächendeckend einführen. Dies ist durch Erweiterung des Probebetriebs auf alle Arbeitsgerichte in Baden-Württemberg geplant.
Das Arbeitsgericht Mannheim erhält die elektronische Akte am 05.03.2019. Seit dem 01.01.2018 ist der elektronische Rechtsverkehr eröffnet. Da das elektronische Anwaltspostfach jedoch erst im Herbst 2018 freigegeben wurde, ist im Jahr 2019 eine deutliche Zunahme des elektronischen Rechtsverkehrs zu erwarten.

Die erfolgreiche Einführung und die Arbeit mit der elektronischen Akte ist abhängig von einer ausreichenden Personalausstattung im Unterstützungsbereich. Sofern eine solche gegeben ist, werden unsere motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Teil dazu beitragen, die elektronische Akte in Baden-Württemberg zu einem Erfolgsmodell werden zu lassen. Ihrer Motivation und ihrem großen Einsatz ist es zu verdanken, dass in der Vergangenheit die Verfahren beim Arbeitsgericht Mannheim sowohl beim Stammgericht in Mannheim als auch bei den Außenkammern in Heidelberg stets zügig und auf hohem Niveau abgewickelt werden konnten.
Während der sehr arbeitsintensiven Einarbeitung in die elektronische Aktenwelt wird es zwangsläufig mehrere Monate zu Engpässen und schleppender Bearbeitung kommen müssen. Wir bitten daher bereits jetzt hierfür bei den Parteien und Prozessbevollmächtigten um Verständnis und Nachsicht. Wir, d.h. alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Arbeitsgerichts Mannheim, werden alles dafür tun, um den gewohnt guten Service beizubehalten beziehungsweise diesen nach erfolgreicher Einführung der elektronischen Akte wieder zu erreichen.

Öffentlichkeitswirksame Verfahren

Auch im Jahr 2018 waren einige Verfahren vor dem Arbeitsgericht Mannheim von besonderem medialen Interesse:

Am Standort Mannheim eines Industriekonzerns hatte die Einstellung der Turbinenproduktion bereits 2017 zu einem größeren Stellenabbau von etwa 1000 Arbeitsplätzen geführt. Das Unternehmen wollte sich im Hinblick auf beabsichtigte weitere Kündigungen mit dem Betriebsrat auf einen Interessensausgleich und Sozialplan verständigen und beantragte deshalb beim Arbeitsgericht Mannheim erfolgreich die Einsetzung einer Einigungsstelle. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Betriebsrats führte Anfang 2019 dazu, dass die Betriebsparteien sich vor dem Landesarbeitsgericht auf die Einsetzung der Einigungsstelle verständigten.

In den Außenkammern Heidelberg gab es mehrere arbeitsgerichtliche Streitigkeiten bei einem Heidelberger Schreibgerätehersteller. In einem von der Gewerkschaft IG Metall geführten Wahlanfechtungsverfahren bezüglich der Betriebsratswahl erklärte das Gericht diese für unwirksam, da sie nach Auffassung der Kammer gegen wesentliche Wahlvorschriften verstieß.

In einem anderen Beschlussverfahren in den Außenkammern Heidelberg hatte das Arbeitsgericht bereits Ende 2017 entschieden. Im Zuge der Umwandlung eines Softwareunternehmens in eine Europäische Gesellschaft (SE) stand eine - gesetzlich vorgesehene - Vereinbarung auf dem Prüfstand, wonach der Vorstand der Hauptversammlung eine Satzungsänderung dahingehend vorschlagen darf, dass der Aufsichtsrat von 18 auf 12 Mitglieder verkleinert werden soll und den Gewerkschaften keine reservierten Sitze im Aufsichtsrat mehr zustehen werden. Sowohl das Arbeitsgericht als auch das Landesarbeitsgericht hielten die Vereinbarung für wirksam. Die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht wurde zugelassen.

Eine Arbeitnehmerin scheiterte vor den Kammern Heidelberg mit einer Kündigungsschutzklage, weil sie unter anderem die gesetzliche Klagefrist von drei Wochen nach Zugang der Kündigung versäumt hatte. Die Klägerin behauptete, es habe zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung auf dem betreffenden Anwesen zwei Briefkästen gegeben. Ihr Nachbar habe ihr das Kündigungsschreiben erst einige Tage nach Einwurf in den „falschen“ Briefkasten übergeben. Nach einer umfangreichen Beweisaufnahme, in der auch die zur maßgeblichen Zeit zuständigen Zustellerinnen vernommen wurden, kam die Kammer allerdings zu dem Ergebnis, dass es einen zweiten Briefkasten nie gegeben hat. Mit dem Fall ist nunmehr die Heidelberger Staatsanwaltschaft befasst.

Im Fall eines gekündigten Angestellten erachtete das Arbeitsgericht die Kündigung für unwirksam. Die Arbeitgeberin, welche zu einem global agierenden Konzern gehört, hatte dem Angestellten gekündigt, da er zwei Jahre zuvor im Rahmen eines Führungskräftetreffens in Brasilien an die Teilnehmer ein Willkommenspäckchen verteilen ließ, das auch Kondome enthielt. Die Arbeitgeberin sah hierdurch die „internen Verhaltensgrundsätze“ der Firmengruppe verletzt. Das Arbeitsgericht hielt diese Begründung für nicht tragfähig. Es löste das Arbeitsverhältnis auf Antrag der Arbeitgeberseite gegen Zahlung einer Abfindung an den Kläger auf. Bei bestimmten Angestellten in leitender Funktion sieht das Gesetz eine solche Möglichkeit vor. Gegen die Entscheidung des Arbeitsgerichts wurde Berufung eingelegt.


Maier                                                                     Faggin
Präsident des Arbeitsgerichts                             Richterin am Arbeitsgericht


Pult-Wilhelm
Richterin am Arbeitsgericht

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